Büronutzer – Quo vadis?
So wie, der christlichen Überlieferung nach, Petrus nicht wusste, wohin Jesus unterwegs ist, so wissen aktuell auch viele Marktteilnehmer nicht, wohin die Büronutzer unterwegs sind. Ins Homeoffice oder doch wieder zurück an den alten Arbeitsplatz?
Nun sollte man meinen, dass die Firmen selbst wissen müssten, wie sie zukünftig Ihren hauseigenen Arbeitskosmos organisieren, um im besten Fall gestärkt aber zumindest nicht insolvent aus dieser und möglichen zukünftigen Pandemien zu gehen. Aber auch hier herrscht weiterhin in großem Maße Unsicherheit auf dem Büroimmobilienmarkt.
Spricht man mit Arbeitnehmern, trifft man häufig Menschen, die sich ein stückweit mental von der alten Ordnung des „nine ´till five“ verabschiedet haben, hin zur Vorstellung eines auf Dauer angelegten, hybriden Arbeitsmodell aus Büro, Starbucks und Homeoffice. Die Schlagwörter „mobiles Arbeiten“ lassen von einem Leben träumen, das frei von anstrengenden Kollegen und nervigen Vorgesetzten ist.
Spricht man mit Arbeitgebern, trifft man häufig Menschen, die in Ihren Monatsberichten ein abfallen der Produktivität in der Mehrzahl der Abteilungen feststellen. Vor allem in Führungsebenen und Teams, die auf einen kurzen und intensiven Austausch angewiesen sind, schwindet die alte Stärke. Video- und Telefonkonferenzen bieten die Möglichkeit weiterhin produktiv zu sein, ersetzen aber keineswegs persönliche Meetings im Büro.
Also was tun, damit beide Seiten zufrieden gestellt werden können?
Diese Frage wird im besten Fall in ein paar Monaten, im schlechtesten Fall in ein paar Jahren erst beantwortet werden, denn so eine radikale Veränderung der Bürolandschaft in so einer kurzen Zeit gab es noch nie. Auch die Expertenmeinungen reichen von einem Extrem zum anderen:
- Extrem: Das Büro ist tot – es lebe das mobile Arbeiten
Ausgangspunkt dieser Aussage ist die Meinung, dass der technische Fortschritt und die Bedürfnisse der Arbeitnehmer dazu führen, dass Büroflächen im klassischen Sinn zukünftig obsolet werden. Gearbeitet wird am Esstisch, im Wohnzimmer, im Wartezimmer beim Arzt oder im Café um die Ecke. Unumgängliche Termine mit mehreren Kollegen lassen sich ausgewählt in externen Besprechungsräumen abhalten. So können die Menschen in Selbstbestimmung und Freiheit ihren Tag organisieren, was sich wiederum positiv auf deren Arbeitskraft und Motivation auswirkt. Damit lassen sich Kinder, Partner, Freunde und Arbeiten harmonisch unter einen Hut bringen. - Extrem: Business as usual
Frei dem Motto: „Alter Wein aus neuen Schläuchen“ werden die Mitarbeiter zurück an Ihre Arbeitsplätze kehren. Diese wiederum werden an notwendigen Stellen hygienegerecht modifiziert, sodass der Kollege gegenüber keinen erhöhten Puls bekommt, wenn man selbst mal niesen muss. Der Eingangsbereich wird mit einem Desinfektionsgerät und eine Aushang zu allgemeinen Hygienevorschriften ausgestattet. - Die Mitte: Kompromiss an allen Stellen
Betrachtet man die Mitte der beiden Extremen, entsteht eine Arbeitswelt, die als die wahrscheinlichste aber keinesfalls als ausgemachte gilt. So wird es einen Mix aus klassischem Arbeiten und „New Work“ geben. Die Büroflächen als Ganzes werden in Summe weniger, da ausgewählte Mitarbeiter mobil von zuhause oder anderswo arbeiten und daher nicht für jeden ein eigener Arbeitsplatz notwendig ist, sondern bei Bedarf ein paar flexible „Workspaces“ vorgehalten werden. Die Arbeitnehmer, die großteils im Büro sind werden weiterhin klassisch in Teams, Arbeitsgruppen oder alleine arbeiten. Die Arbeitsumgebung passt sich dabei mehr und mehr einem großen Wohnzimmer als einem klassischen Büro der letzten 20 Jahre an.
Die Varianten, wie wir zukünftig im Büro arbeiten werden, lassen sich noch weiter innerhalb des Spektrums verschieben. Wohin die Reise geht, ist schwer zu sagen.
Als Petrus Jesus fragte, wohin er ging, war er nach frühchristlicher Auffassung übrigens auf dem Weg nach Rom, um sich dort erneut kreuzigen zu lassen. Ganz so schlimm sehe ich es für die Büronutzer nicht.
Marco Ziegler